Aourir – Douar Azrareg

Volker hat uns in der Nacht in ein Nebental vom Paradise Valley gebracht. Wir stehen auf einer Fläche am Rand der Straße, hier wird Schotter gelagert. Wir stehen früh auf, um nicht von LKWs geweckt zu werden. Sehen, wie einsam und schön der Platz ist, den Volker da in der Dunkelheit gefunden hat. Weder Mensch noch LKW kommt. Um uns herum Felswände und unten in der Schlucht das Bächlein. Die kurze Nacht sitzt uns in den Knochen.

Wir wollen zu der Tierärztin in Agadir, die uns die Belgier mit ihrem geretteten Welpen empfohlen haben. Katharina soll prophylaktisch entwurmt und entfloht werden und vielleicht muss man auch was fürs Näschen tun. Ich weigere mich, bei der Tierärztin anzurufen, will stattdessen einfach hinfahren. Aber einfach ist es nicht, wir kennen nur die Straße, nicht die Hausnummer. Wir sehen kein Schild mit grünem V, und die Straße ist voll mit in zweiter Reihe parkenden Autos und Kamikaze-Mofas – ein absolut unnötiges Risiko für den Düdo. Selbst wenn wir das Haus von der Tierärztin gefunden hätten, hier könnten wir mit unserem 7-Meter-langen Einsatzfahrzeug nirgends parken.

Volker manövriert uns unzerbeult durch das Gewusel, wir steuern wieder den Marjane-Parkplatz an, der Plan ist jetzt, dass ich mit der Katze ein Taxi nehme. Bevor ich das mache, willige ich endlich ein, die Tierärztin anzurufen um zu hören, ob überhaupt offen ist, und sie da, über Mittag ist eh zu, wir sollen um halb vier kommen. Hätten den halben Tag schön am Bächlein vertändeln können. Zwischen Wasserläufern und Kaulquappen. Zu spät. Vertändeln den Tag auf dem Parkplatz von dem wir gestern weg geschickt wurden.

Lauter Deutsche in Agadir. Sie sind auch nicht dicker und hässlicher als die alten Franzosen, aber ich schäme mich trotzdem mehr. Irgendjemand hat uns erzählt, dass die Marokkaner unsereins „Teletubbies“ nennen. Runde Gliedmaßen, tollpatschiger Gang, argloses Gebahren. Man kann ja gegen Kopftücher und verhüllte Frauenkörper einwenden, was man mag, es ist jedenfalls ein würdevoller Aufzug. Kein Mensch hier sieht peinlich aus. Die bunten oder schwarzen Tücher stehen jeder Frau, und auch viele Männer tragen ja lange Gewänder, und auch das sieht immer gut aus. Verwurzelt, hergehörig. Mein leiser Neid auf die Alternativlosigkeit der hiesigen Lebensläufe.
    
Wir kurven in die Hügel hinter Agadir, je ein winziges kühles Bier vom Carrefour für mich und Volker. Alles wie überall voller Arganienbäume, dazwischen hingewürfelt kleine Weizenfelder.  Das „Paradis Nomade“ ist wirklich ein außerordentlich schönes Refugium. Wir lassen uns auf unseren Plastikteppich sinken, öffnen die kühle Flasche Rosé vom Carrefour und feiern. Toni und Peppi ziehen alleine los, fesseln Gespenster mit dem Seil. Der Tag verklingt. Wir öffnen die Flasche Roten vom Carrefour.

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