Berge hinterm Ebro-Delta – Olivenplantage zwischen Mogente und La Font de la Figuera

Bei Sonnenaufgang sieht Volker einen Jäger mit breitem Hut und Flinte auf dem Rücken, möglicherweise Herr Schlamm aus Düsseldorf. Dann kommt der Imker in einem Laster und will vorbei. Volker parkt den Düdo um. Der Imker ist schweigsam und freundlich, trotzdem brechen wir überstürzt auf. Wollen zurück ans Meer, frühstücken. Wir verfahren uns bei Nules in einer unendlichen Mandarinenplantage. Am Rand der schmalen Straße stehen Frauen in Hotpants und Highheels. Vermutlich sind es keine Erntehelferinnen. Haben am Kreisverkehr nicht den Weg nach Nules Plage genommen, weil laut Verkehrsschild für LKWs über 3.5 Tonnen verboten. Nach 20 Minuten Irrfahrt kommen wir wieder am Kreisverkehr raus, nehmen den Weg nach Nules Plage, trotz Verbotsschild.

Herbstsonne, ein leerer Touristenort. Die Guardia Civil macht Volker Zeichen, dass er sich anschnallen soll. An unserem Gewicht haben sie offenbar nichts auszusetzen. Wir parken gegenüber von einem Spielplatz. Ein alter Spanier sitzt erst lange in seinem geparkten Auto, dann steigt er aus, setzt sich auf eine Bank und raucht einen Zigarillo. Toni und ich gehen zum Strand, bunte Häuserfassaden deren Türen direkt zum Strand gehen, geschlossene Fensterläden. Wohnt hier jemand oder sind das Ferienwohnungen? Die Lage ist nicht schlecht. Wir baden. Die Duschen sind leider abgestellt.

Trotz der guten Erfahrung mit unserem wilden Stellplatz steuern wir wieder eine Spain Discovery Adresse an. Sie liegt ein gutes Stück hinter Valencia, bei La Font de la Figuera, das sind weit über 100 Kilometer, bisher unsere ambitionierteste Etappe. Die Kinder schlafen, die Reservelampe leuchtet auf, nach unserer Erfahrung und Berechnung müssten wir jetzt noch 80 Kilometer weit kommen. Die Schnellstraße ist schnurgerade und wirklich schnell, eher eine Autobahn. Der Düdo frisst Kilometer. Tanken kommt nicht in Frage, die Kinder würden aufwachen sobald der Motor ausgeht. Bei Mogente führt uns das Navi von der Autobahn herunter, aber ich behaupte nach einem Blick auf die Karte: Besser die nächste Ausfahrt. Also einmal um den Kreisverkehr rum und wieder hoch auf die Autobahn. Eine leichte Steigung. Der Düdo geht aus. Volker sagt: „Der Tank ist alle.“ Ich sage: „Quatsch.“ Volker lenkt auf den Standstreifen. Der Düdo bleibt stehen. Volker probiert zu starten. Der Motor stottert, würgt ab. Der Tank ist alle. Die Kinder wachen auf.

Volker ist schneller zurück, als ich befürchtet hatte. Keine zwei Stunden war er weg. Ich sehe ihn kommen, als ich auf dem Vogelbett liegend aus dem Rückfenster schaue. Er trägt eine Warnweste und schwingt einen 6-Liter-Wasser-Kanister. Aus einer 1,5-Liter-Wasser-Flasche basteln wir einen Trichter. Ich trockne sie gut ab. Den Kanister hat Volker auf dem Weg gefunden, er sagt, er war trocken. Ich halte den Trichter an den Tank, Volker kippt. Der Diesel ist hellgelb und gluckert saftig. Ich hole das Warndreieck rein, Volker probiert zu starten. Der Motor stottert, würgt ab. Volker erinnert sich, was er bei Tonio gelernt hat: Luft im Tank. Die Dieselpumpe betätigen, bis keine Luft sondern Diesel unter einer bestimmten Schraube herauskommt. Ich stelle das Warndreieck wieder auf.

Volker pumpt und pumpt und pumpt. Die Dieselpumpe ist etwa so groß wie ein Filmdöschen und sitzt rechts unten am Motor, der sich bei den Düdos ja im Fußraum zwischen Fahrer und Beifahrer befindet. Das Ding ist eingekeilt zwischen anderem Motorgedöns, man kann es nur mit Daumen und Zeigefinger greifen. Je länger Volker pumpt, desto glitschiger werden seine Finger vom Diesel. Es wird dunkel. Volker probiert zu starten. Der Motor stottert, würgt ab. Volker pumpt und pumpt. Er hat schon eine fette Blase am Daumen. Dann geht er das Warndreieck holen. Riesige LKWs donnern vorbei und machen Lichthupe, wahrscheinlich weil Volker keine Warnweste anhat. Als er die Tür öffnet um wieder einzusteigen, springt die Katze raus. Später wird Volker sagen, dass er noch nie ein Lebewesen so angebrüllt hat wie die Katze in diesem Moment. Sie klettert die Böschung hoch, verschwindet im Dickicht. Nadelbäume. Es ist stockfinster. Volker holt die Stirnlampe, quetscht sich ins Gebüsch. Katharina kauert regungslos da und starrt auf die Fahrbahn. Volker schnappt sie am Kragen und reicht sie mir raus. Sie haut mir ihre Krallen in die Haut am Schlüsselbein. Volker probiert zu starten. Der Motor stottert, Volker gibt Vollgas, der Düdo rollt an. Wir fahren im ersten Gang den Hügel hinauf. Der Düdo röhrt, geht aber nicht aus. Erst als wir nach zwei Kilometern die Kuppe erreicht haben, traut Volker sich zu schalten. Er will sofort tanken fahren. Wir sehen in der Gegenrichtung eine Tankstelle. Also nächste Ausfahrt runter, verwirrende Kreisverkehre, es sah so aus, als läge die Tankstelle neben, nicht an der Autobahn, wir verfahren uns, sind plötzlich auf einem Feldweg, stellen fest, dass es ein guter Stellplatz ist, sofern man das in der Dunkelheit sagen kann. Wir bleiben.

Zurück