Berge vor Taznakht – Taliouine

Die Teppichhändler in Taznakht haben verstanden, dass Touristen lieber in Kooperativen einkaufen. An jedem Teppichladen steht hier „Cooperative“. Wie sollen wir bloß die echte finden? Wir wissen nicht mal, ob es sie wirklich gibt. Haben nur einen jahrealten Google-Eintrag gefunden. Ich gehe erst mal einkaufen, das müssen wir ja auch. An einem Kiosk steht „Timbres postales“. Stimmt, eine unabgeschickte Postkarte an den Kindergarten liegt auch im Düdo rum, also verlange ich eine Briefmarke. Der Verkäufer verneint so verständnislos, als hätte er keine Ahnung von dem Schild an seinem Laden. Der Kunde vor mir, ein seriöser Herr, sagt es gebe Briefmarken bei der Bibliothek, er könne mich hin bringen. Ich bedanke mich und probiere zu erklären, dass mir die Briefmarken so wichtig nicht seien, es sei mehr ein Impuls gewesen, weil ich das Schild gesehen hätte, etc.

Er fragt mich, ob ich eine Frauen-Teppich-Kooperative sehen wolle. Ich sage, in der Tat, deswegen sei ich in Taznakht, zunächst wolle ich aber Obst und Gemüse einkaufen. Er sagt, er könne uns zu einer Kooperative bringen, auf dem Weg dahin würden wir an Obst- und Gemüse-Ständen vorbeikommen und könnten kurz halten. Ich bereue meine Offenherzigkeit. Er fragt, ob ich überhaupt wisse, wo man in Taznakht Obst und Gemüse kaufen könne. Ich deute grob in eine Richtung, natürlich weiß ich es nicht im Detail, aber ich habe noch in jeder Stadt den Souk gefunden. Keineswegs, sagt der Mann sinngemäß, guck, du wirst Zeit sparen, wenn du dich mir anvertraust. Es entspinnt sich ein sinnloser Wortwechsel. Ich scheitere bei dem Versuch, ihm zu erklären, warum ich auf Teufel komm raus alleine erledigen will, was ich zu erledigen habe – Obst und Gemüse kaufen, Teppichkooperative besichtigen – statt mir dabei helfen zu lassen. Ich sage, dass ich zurück zum Düdo muss und jedenfalls mit Volker besprechen, wie es weiter geht. Kein Problem, sagt der Mann, ich komme mit und warte.

Auf keinen Fall, sagt Volker, der sich genau wie ich auch lieber erst selbst in einer neuen Stadt orientiert statt sich sofort in die Hände eines Jemands zu begeben. Ich versuche, die Botschaft zu übermitteln, aber es gelingt mir nicht. Die Kooperative, sagt der Mann, würden wir alleine niemals finden, die Gefahr sei, auf einen Teppichladen hereinzufallen, der sich als Kooperative ausgebe. Ich sage, dass ich mit den Frauen sprechen wolle, gebe ihm zu verstehen, dass ich kurios finde, mich von einem Mann in eine Frauen-Kooperative lotsen zu lassen. Ich will eine echte Frauen-Kooperative, mit einer Directrice, keinem Directeur! Er fragt, ob ich Berbère spreche. Leider nein, sage ich. Wie willst du dann mit den Frauen sprechen, fragt er. Es sei nicht so, wie wir Westler uns das vorstellen würden. Die Öffentlichkeitsarbeit, Werbung (sprich das Schleppertum) würden Männer wie er erledigen. Er bekomme eine Promotion, aber der Löwenanteil lande bei der Frau, im Gegensatz zu den Teppichläden, wo es Zwischenhändler etc., der Grund eben warum wir ja eine Kooperative suchen.

Irgendwann gebe ich mich geschlagen. Ich öffne die Düdo-Tür und sage Volker, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als uns von dem Herrn in die Kooperative bringen zu lassen.

Drei Stunden später kaufen wir Teppiche für 500 Euro. Sie sind wunderschön. Und uns ist etwas schummerig. Leider macht Volker einen Kratzer in den hinteren Kotflügel, als er um eine Altstadtecke biegt.

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