Betschdorf – Cleebourg

Am nächsten Morgen ist alles schön. Es ist bloß sehr schwül. Wir führen Katzentelefonate. Katharina schleppt eine schwerverletzte Maus in den Düdo. Wir legen sie vors Auto in den Schatten. Sie robbt ihren Körper noch ein paar Zentimeter weiter und bleibt dann liegen.

Die Kinder kriegen Wiener Würstchen zum Mittagessen. Kalt auf die Hand. Mir geht es mittlerweile sehr schlecht. Ohr immer schlimmer. Ich entscheide mich, das Kortison einzuwerfen, das ich noch vom letzten Hörsturz habe (damals nicht genommen). Die Töpferin ist nett. Schenkt Toni eine kleine Wasserpistole aus lila Plastik. Die Töpfereien sind kunstvoll und teuer und würden im Düdo sofort kaputt gehen. Wir bedanken uns und brechen auf.

Es ist schon wieder fast vier. Wir steuern, ohne große Diskussionen, aus nackter Notwendigkeit, einfach die nächstgelegene France-Passion-Station an. Cleebourg. Zehn Kilometer Luftlinie. Richtung Norden, falsche Richtung. Egal. Aber vorher einkaufen. Leclerc in Soufflenheim. Andere Richtung. Egal. Ich wanke in den Supermarkt. Gott sei gedankt es gibt eine kostenlose Toilette im Eingangsbereich. Alles ist riesig. Ich freue mich in Frankreich zu sein, als ich sehe was es gibt: Geilen Käse im Kühlregal. Melonen, die nach Melone riechen. Baguette. Ich kaufe zwei Sechser-Träger 1,5-Liter Wasserflaschen à ein Euro. Ist alles nicht so teuer wie schwarz ausgemalt („Frankreich!“). Ich kaufe Salzbrezelchen als Geheimwaffe, und Kekse, als zweite Geheimwaffe, Nachtisch für uns.

Als ich wiederkomme, sind beide Kinder wach. Mist. Wir halten an einem See, der sich als Anglerteich entpuppt. Ein Angler droht mit der Polizei, als wir aussteigen. Wir steigen wieder ein. Der Angler kommt zurück und beschreibt uns wo ein Badesee sei. Wo wir auch über Nacht bleiben könnten. Typ Dieter. Erstmal anmaulen, dann ganz nett. Wir entscheiden uns trotzdem gegen wild campen in der zweiten Nacht in Frankreich.

Auf nach Cleebourg. Das Navi führt uns einen riesigen Umweg. Oder wir verfahren uns aus Versehen. Oder oder. Egal. Ich performe für die Kinder. Wie das Fähnlein auf dem Turme. A ramsamsam. Peppi applaudiert nach jedem Act. Als wir in die Gegend kommen wird es immer schöner. Sehr elsässisch. Hügelig. Das Ziel ist ein Weingut. Der Stellplatz der riesige Parkplatz direkt an der Straße, hinter der Bushaltestelle, zwischen Weingut und Hotel.

Die Hotel-Balkons gehen wie Logenplätze auf unseren Parkplatz. Dort oben sitzen Leute und gucken zu uns herunter und über uns hinweg. Neid auf die Leute. Ein Hotel-Balkon, keine Kinder, lesen, Kreuzworträtsel, im Hotel-Zimmer ein frisch bezogenes Bett und ein Fernseher, ein Traum. Volker geht mit den Kindern ins Weingut, uns vorstellen. Ich lasse meinen Blick auf unserem Düdo ruhen. Wundere mich. Der äußere Reifen hinten rechts hat so eine komische Delle. Steht der auf was drauf? Ich gehe hin und fasse ihn an. Nicht prall. Gibt nach. Kaum Luft drin? Platt? Platt.

Beschließen erst mal zu essen und die Kinder ins Bett zu bringen. Wir bauen unsere Koch-Landschaft auf, denn wieder ist ja schon Abend. Es gibt Nudeln über die ich probehalber kalte Tomatensauce gieße. Keine gute Idee. Schmeckt unangemacht richtig säuerlich. Toni mag es nicht, ich auch nicht. Esse lieber Käse zu den Nudeln. Katharina fängt schon wieder Mäuse. Diese Etappe ging. Sie lag ruhig auf dem Bett. Wille gebrochen? Schicksalsergeben? Oder schon dran gewöhnt?

Nach Einbruch der Dunkelheit dann die Aktion mit dem Klo. Der Abwassertank ist schon voll. Man kann auch Kacke-Tank sagen. Volker muss in den Wald, ausleeren. Wir haben ja so Bio-Zeug aus Thüringen, das unsere Exkremente in feinsten Dünger verwandelt. Aussehen tut es trotzdem wie Chemie-Klo im Wald ausleeren. Und das Hotel. Der Parkplatz. Die Feier im Weingut. Volker wagt es trotzdem. Er verschwindet in der Dunkelheit des Waldes. Es klappt. Angeblich hat es nicht mal gestunken. Er will sich bloß die Hände waschen. Sternenhimmel und in der Ferne ein Feuerwerk über dem Schwarzwald. Bilde mir ein, dass das Ohr schon besser ist. 

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