Cerbère – Trouillas

Ich putze mir gerade die Zähne beim Kofferraum, als ein Polizeiauto neben uns hält. Ich schlucke die Zahnpasta runter, will nicht vor dem Flic auf den Boden spucken. Wir dürfen hier nicht stehen. Ich frage, was das Schild bedeutet, der Polizist antwortet, dass Camping dort reglementé sei, hier jedoch sei es interdit. Er sagt nicht, fahren Sie da rüber. Was heißt reglementé in dem Zusammenhang? Volker fährt den Düdo trotzdem rüber, vor das verfallene Fischerhäuschen mit dem verfallenen Boot davor. Wir vergessen das serielle Foto, fotografieren statt dessen den leeren Stellplatz ohne Düdo. Da standen wir, mit Blick aufs Meer.

Das wird der Tag, an dem wir versuchen, einen Gasanschluss für unseren Kocher für drin zu besorgen. Der Weg führt zurück. Erster Versuch: Yachthafen von Argelès. Drei Versuche, immer sitzen Frauen in den seltsamen Bootsbedarf-Werft-Läden, immer verneinen sie derart entschieden meine Frage nach dem Gasanschluss, dass ich mich frage, ob ich falsch frage, ob es irgendwie unanständig klingt, was ich frage. Dabei frage ich sehr offen, erwarte eigentlich eine Rückfrage: Welcher Kocher, welcher Gasverteiler, so was in der Art. Volker sagt: „Vielleicht haben die Angst. Wegen Gas und so.“ Wir lassen Argelès rechts liegen, fahren weiter Richtung Perpignan.

Zweiter Versuch: Caravan-Bedarf-Laden. Sie machen so was erstens nur mit Termin, sind zweitens voll bis Ende des Monats, machen drittens nur normale Wohnmobile, nicht so geile Oldtimer wie wir einen haben. Sie haben alles mögliche Gasanschluss-Gerödel da hängen, aber wir entscheiden uns dagegen, auf gut Glück was zu kaufen, es ist teuer und gibt so kurios viele Verbindungsteile, wir fürchten das falsche zu kaufen. Wir suchen ja so einen Schnellverschluss wie außen an der Gassteckdose. So einen gibt es nicht. Nur eine komplette Gassteckdose für 75 Euro.

Dritter Versuch: Ein Gasinstallationsladen in Perpignan. Die Jungs kommen mit zum Düdo, schauen, schütteln den Kopf, sagen, dass wir zu Brossette müssen. Das sei nicht weit, Rue d’Espagne, wir programmieren das Navi neu. Die Kinder leiden. Wir glauben, dass wir nah dran sind. Der Brossette-Mensch schüttelt schon im Laden den Kopf, lässt sich aber erweichen und kommt mit zum Düdo. Dort schüttelt er weiter den Kopf. Das ist spécial, sagt er immer wieder und schüttelt den Kopf. Wir geben die Gas-Steckdose-Innen-Idee auf. Die neue Idee: Einen Campingkocher kaufen, den wir an den freien Anschluss ranschrauben, keine Ahnung warum wir denken, dass das passen könnte.

Nebenan ist ein riesen Baumarkt, ich gehe mit Toni los. Die Baumarkt-Mitarbeiter sind so baumarktmitarbeiterisch herablassend wie in Deutschland vor einigen Jahren bevor die Baumärkte ihre Charme-Offensive starteten. Sie hätten weder passende Anschlüsse noch Campingkocher, wir müssten zu Decathlon. Toni sagt: „Vielleicht haben die einfach Angst.“ Wir kaufen ein Vierkantholz für das geplante Möbelstück und Schleifpapier. Ich genieße den Ausflug mit Toni in den Baumarkt.

Abends feiere ich, dass ich den Ausflug mit Toni in den Baumarkt genossen habe. Ich denke an Katie Byron; die Überzeugung, dass jeder Augenblick gleich viel wert ist und es gilt den zu lieben, den man erlebt. Eine Stunde am Strand ist nicht besser als eine Stunde in der Warteschlange im Baumarkt. Ich hatte es vergleichsweise leicht, denn es gab keine Warteschlange.

Wir steuern eine France Passion Station bei Perpignan an. Rund um Trouillas gibt es große Auswahl, sogar mit WCs. Wir fahren an dem, das wir eigentlich anpeilen, vorbei, das merken wir aber erst am nächsten Tag. Volker sieht noch das Wohnmobil-Zeichen und hält es für den Hinweis auf eine Klo-Entleerungsstelle. Dabei ist es der Hinweis zur France Passion Station. Raus aus Trouillas sehe ich zufällig eine alternative Station, rufe Volker zu, dass wir da hin können. Ein rotes Haus, Le Perdix. Der Regen macht Pfützen auf dem roten Schotter. Ich spüre die spitzen Steine durch meine Flipflops als wäre ich barfuß, so dünn gelaufen sind die schon. Das Licht auf dem Klo geht von alleine an. Wir kochen wieder drin, Volker bastelt mit den Kindern auf dem Bett, ich koche. Als die Kinder im Bett sind, checke ich E-Mails und erfahre von Mareens Tod. Ich feiere Mareen und bedaure dass sie tot ist.

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