Essaouira – Ounagha

Der Schneider kommt auf den Carrefour-Parkplatz, um unsere Sitze zu inspizieren. Er ist ein selbstbewusster älterer Herr, der aussieht, wie Schneider wahrscheinlich auf der ganzen Welt aussehen: Zierlich und perfekt gekleidet. Er unterbreitet uns sein Angebot: Tausend Dirham für alles. Handeln verbietet sich von selbst, zu respekteinflößend ist der Meister, außerdem erscheint uns der Preis korrekt. Dienstag wäre alles fertig. Wir bitten dennoch um Bedenkzeit, müssen jetzt zu Ali.

Die Kisten sehen toll aus. Sie sind allerdings noch nicht fertig, obwohl wir drei Stunden später als vereinbart da sind. Aber das ist das geringste Problem. Sie passen nicht ins Regal. Erstens sind sie jeweils einen halben bis einen Zentimeter tiefer als bestellt, und zweitens hatte ich beim Abmessen vergessen, dass sie sich ja auch noch kippen lassen müssen, damit sie über die Sperrleiste passen. Wir haben also beide Fehler gemacht, sowohl Ali als auch ich. Ali säbelt den beiden kleinsten Kisten kurzentschlossen das obere Drittel ab, zum Glück macht er dann erst mal Mittagspause, so dass wir nochmal Zeit haben zu überlegen. Volker hat die geniale Idee, lieber die Sperrleisten zu kürzen als jetzt alle Kisten zu verhunzen. Um die beiden kleinen ist es leider schon geschehen. Ein kleiner, bohrender Schmerz, zumal die Verhunzung gar nichts gebracht hat, sie kommen immer noch nicht aus ihrem Fach.

Der Mann mit den lila Beinen und seine Frau sind noch da. Sie parken um, wahrscheinlich, damit sie uns besser beobachten können.

Unser schönes Ounagha. Toni wird von zwei Kindern gleich beim Namen gerufen. Sie wollen sie mit auf den Spielplatz nehmen, aber in diesem Moment ist das Abendessen fertig und nach unserer Berechnung sind alle ausgehungert. Wir wollen, dass Toni isst. Wir sitzen draußen auf dem Plastikteppich. Toni rutscht hin und her, die Schüssel mit Nudeln auf den Knien, ihr Verlangen nach dem Spielplatz ist mit Händen zu greifen. Gleichzeitig merkt sie selbst, wie hungrig sie ist und sagt nach jedem Bissen: „Eine Gabel noch, und dann geh ich auf den Spielplatz.“ Als wir sie dann losschicken, fliegt sie wie ein kleiner Pfeil den Kindern entgegen.

Wir messen und bohren und schrauben bis tief in die Nacht, um festzustellen, dass es immer noch nicht geht mit den Kisten. Ali muss morgen alle Sperrleisten komplett absägen. Dann wird es gehen. Es ist jetzt wirklich der Endspurt.

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