Marrakesch Flughafen – Camping Le Relais de Marrakech

Es ist herrlich, wieder im Düdo aufzuwachen. Die Hitze ist unwirklich nach zwei Wochen deutschem Februarwetter. Oder sind die zwei Wochen deutsches Februarwetter unwirklich? Es sind 32 Grad, der heißeste Tag unserer Reise bisher.

Wir wollen zu dem Carrefour in Flughafennähe, bei dem wir vor unserem Abflug eingekauft haben. Statt dessen führt uns das Navi zu irgendeinem anderen, nicht existenten, jedenfalls nicht weithin sichtbarem. Ich programmiere das Navi neu, denke, dass es jetzt den richtigen gefunden hat, was sich als Irrtum herausstellt. Egal, es ist ein Carrefour, zwar ohne Parkplatz, aber in der Nähe ist eine Schotterfläche. Eine schicke, wenig bevölkerte Gegend. Irgendwie sind wir noch nicht richtig wieder in Marokko.

Ich schleppe mich ab mit zwei Tüten, einem unter den Arm geklemmten Milchkarton, Klopapier unterm anderem Arm, und dennoch weise ich mit dem üblichen Anflug leichter Panik den Mann ab, der mir die Sachen die letzten Meter bis zum Düdo tragen will. Die Angst, dass die Leute mehr Geld wollen könnten als ich ihnen geben will, sitzt irgendwo tief. Außerdem das diffuse Empfinden, dass es irgendwie unanständig sei, andere Leute etwas für einen tragen zu lassen. Ich bin total erkältet und erschöpft, raunze Toni wegen irgendwas an, kaum bin ich im Düdo. Unerklärlicherweise ist schon wieder Mittag, dabei haben wir heute nichts gemacht, außer dass ich einkaufen war.

Als wir losfahren wollen, taucht ein Wegelagerer in gelber Warnweste auf. Volker erklärt dem Mann ziemlich plausibel, dass er ihm nichts fürs Autobewachen zahlen möchte: 1.) Der Wegelagerer war noch nicht da, als wir kamen. 2.) Der Parkplatz war also unbewacht. 3.) Volker war die ganze Zeit im Auto. Der Fall endet natürlich damit, dass wir zahlen. Aber wir nehmen die Sache sportlich und als willkommenen Hinweis darauf, dass wir wieder in Marokko sind.

Der „Relais de Marrakech“ hat einen ziemlich schnieken Pool mit Liegen drum herum. Schilder weisen darauf hin, dass die Check-Out-Zeit hier sehr ernst genommen wird. Wer um zwölf Uhr mittags nicht draußen ist, zahlt drauf. Die französische Chefin an der Rezeption versprüht strenge Geschäftstüchtigkeit. Ich befürchte, dass der Pool extra kostet, das ist aber zum Glück nicht so. Ich pilgere mit Toni und Peppi hin, beide sind begeistert, sogar Peppi geht bis zur Badehose ins Wasser. Es ist wirklich sehr heiß.

Leider hört der junge Marokkaner in der Hängematte hinter mir ohne Kopfhörer Musik auf seinem Handy. Ich versuche, die Musik als unabänderliche Tatsache des Hier und Jetzt zu akzeptieren, als zum Hintergrundrauschen der Realität gehörig, wie das Tschilpen der Vögel und die Stimmen der französischen Rentner. Es gelingt mir nicht. Meine innere Richterin will, dass ich was sage. Die Handelnde will das nicht. Schon wieder eine Situation wie gestern im Flugzeug, längst nicht so schlimm natürlich, aber die gleichen wunden Punkte sind getriggert: Mein Erschrecken über die mangelnde Zivilcourage der Anderen. Oder stört es sie wirklich nicht? Die Verzweiflung darüber, dass ich ein Mensch bin, den immer so viel stört. Und keiner, der sich raumgreifend für seine Interessen einzusetzen vermag. Ich leide unter der Musik und den Stimmen in meinem Kopf, bis Volker kommt und mich ablöst.

Abends – die Kinder liegen schon im Bett – hören wir Kinderstimmen. Toni schläft nicht ein. Ich lasse sie nochmal aufstehen. Die Kinder gehören zu zwei französischen Familien, sie nehmen Toni mit zum Versteckenspielen. Leider reisen sie am nächsten Tag schon ab. Volker besorgt uns Eiswürfel von der Bar. Wir machen den Eierlikör von Volkers Mutter leer.

Zurück