Les Salces

Wir bleiben drei Wochen. Wir bleiben auch noch, als Maike mit ihrer Familie abreist. Wir freunden uns mit Kay und dessen Familie an. Die Kinder sind genauso alt wie unsere. Auch Mädchen. Wir lernen ziemlich schnell die Les Salcer Expat-Community kennen, die vor allem aus Briten besteht. Wieder einmal bestätigt sich die Regel, dass wir uns in der Gesellschaft von Briten wohl fühlen. Freitagabend treffen sich alle in der Guinguette. Die Kinder toben in der Dunkelheit über den Bouleplatz.

Toni klettert auf den Feenfelsen, einen riesigen Stein im Wald, der nur wenige Minuten von unserem Platz entfernt ist. Oben sind zwei rechteckige Wannen in den Fels gehauen, Ursprung und Zweck der Wannen liegen in einer mystischen Vergangenheit. Wir erkunden die Gegend, besuchen erst Lodève, eine ziemlich heruntergekommene Kleinstadt mit viel Leerstand, die noch der Gentrifizierung harrt. Dann den Lac du Salagou, der sich in ein grandioses Panorama mit zuckerhutartigen Hügeln im Hintergrund schmiegt, bademäßig aber ein zweifelhaftes Vergnügen bereithält, das Wasser ist warm, der schlammige Boden bestes Blutegelbiotop.

Dann das buddhistische Kloster Lerab Ling. Viele Rasen-betreten-verboten-Schilder auf einem irgendwie eng anmutenden Gelände mit künstlichem See. Von außen wirkt der Tempel disneylandhaft deplatziert, innen aber beeindrucken uns die Farben, das viele Gold, die Drachen, und wohl auch die Riesenhaftigkeit des goldenen Buddhas. Der Buddha, sagt einer der Meister im Film, der im Tempel gezeigt wird, ist immer größer als Deine Probleme. Leider wird das Kloster gerade von einem Skandal um den Guru erschüttert. Jeder von Lodève bis Les Salces erwähnt das, wenn die Rede auf Lerab Ling kommt. Es geht um Frauen und Geld.

Herrliches Spätsommerwetter. Richtig heiß ist nur die erste Woche, dann kühlt es ab, die Luft riecht herbstlich. Ich warte darauf, dass der Hochsommer nochmal zurückkommt, alle sagen das voraus. Er kommt aber nicht. Es wird kontinuierlich herbstlicher. Volker pflückt uns morgens Weintrauben von einer verwilderten Gartenhecke, Brombeeren und Feigen. Zuletzt wird es schwierig, noch welche zu finden. Die Früchte werden nicht mehr reif.

Am letzten heißen Tag fahren wir zum Pont du Diable, wo sich der Herault zu einem Badesee staut. Wir leihen uns eines jener breiten Surfbretter, auf denen man sich stehend mit einem Paddel fortbewegt. Es ist wirklich so einfach wie es aussieht. Toni und ich gleiten in die Schlucht, die hinter der Brücke anfängt. Das Paddel im Wasser und unsere Stimmen sind die einzigen Geräusche.

Wir kommen zur Ruhe. Wir kommen nicht dazu, die nächsten Schritte zu planen. Es gibt immer Wichtigeres. Volkers Arbeit. Die Steuer. Schulbewerbungen. Der Alltag. Der herrliche Bach im Wald mit dem eiskalten Becken. Die Zahnfee auf dem Feenfelsen. Die Jäger in den orangenen Warnwesten. Die Wildschweine. Kinderbesuch. Dann ist schon wieder Freitag und wir gehen in die Guinguette.

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