Málaga

Ich frühstücke allein mit den beiden, Volker ist im Morgengrauen zum Generalkonsulat aufgebrochen. Toni will, dass ich mit ihr zu dem Laster gehe, aber ich bin gereizt und unausgeruht, will erst noch dies und das, fühle mich nicht präsentabel. Da steht plötzlich der Vater mit einem kleinen Jungen vor dem Düdo. Von wegen Schweizer, Franzosen. Ich sage, dass Toni gern die größeren Mädchen besuchen will, er führt uns hin, Louise und Mathilde, sie machen gerade Schule mit ihrer Mutter Elodie, wir dürfen trotzdem reinkommen. Toni setzt sich dazu und darf mit Filzstiften malen. Ich stehe draußen mit Peppi rum und unterhalte mich mit dem Vater. Der kleine Marius flitzt schon mit einem Laufrad umher, ist wenige Monate älter als Peppi, aber viel größer. Selbst sein winziges Laufrad ist ihr zu groß. Dabei würde sie so gern!

Ich spüle hinter dem Düdo das Geschirr, wie immer mit den beiden Blechschüsseln, da hält ein Wohnmobil, der Mann kurbelt die Scheibe runter, fragt wo die Entsorgungsstelle sei, nun, das ist einfach, geradezu da wo das blaue Rechteck auf den Boden gemalt ist. Kenne mich schon voll aus. Kurz darauf kommt der Mann zu Fuß, fragt nach einem Schraubenzieher, kein Problem, ist alles griffbereit, zum Zurückgeben kommt er mit Mango, Kiwi, Frischkäse, alles für uns, sie müssten eh gleich aufs Flugzeug, ich bedanke mich überschwänglich, das wäre doch nicht nötig gewesen. Außerdem dabei eine selbstbewusste, attraktive Frau mit beneidenswerter Lockenmähne und Kind - plötzlich so viele Kinder hier, was für ein Überfluss! Bitte schön in einer Reihe anstellen! Es sind Engländer, begeistert vom Düdo und interessiert an uns. Sie kämen gerade aus Portugal, wo sie eine Community mit anderen Familien gründen wollten. Na, das wollen alle.

Plötzlich ist die Schule aus, Toni rennt mit den Mädchen umher, ich gebe ihnen die Schleich-Tiere, die Straßenkreide, dann den Bollerwagen. Der hält nicht lange durch.

Zum Mittagsschlaf machen wir uns auf Richtung Leroy Merlin. Verirren uns auf den Flughafen, finden aber wieder hinaus. Alles nah beieinander. Ich gehe mit Toni, die Solarplatten haben zu wenig Leistung und sind viel zu teuer. Ich kaufe eine buntgestreifte Fußmatte, auf der in runden tanzenden Witzig-Buchstaben bienvenidos steht, sonst nichts. Dementsprechend schnell sind wir wieder am Düdo und ich muss den armen Volker wecken, der sich auf einen Mittagsschlaf gefreut hatte, musste ja mitten in der Nacht aufstehen. Volker ist von der Typografie entsetzt, findet die Farben aber auch gut. Beides - Farben und Schrift - wird in wenigen Tagen ohnehin verschwunden sein, zugunsten des üblichen Kokosmattenbrauns.

Wo kriegen wir jetzt eine Solarplatte her, ich muss googeln. Toni muss kacken, warum jetzt, warum nicht als wir im Baumarkt waren? Ich manövriere sie zum Baum neben dem Düdo, der steht in einer kreisrunden Einfassung, ob Hund ob Kind, was ist schon der Unterschied. Das Klopapier schmeiße ich gesittet in unseren eigenen Müll, aber dann, als ich nicht hingucke, findet Toni fremdes herumflatterndes Klopapier und deckt damit ihren Haufen zu, vielleicht ist es ihr unangenehm, ihre Exkremente so öffentlich liegen zu sehen. Ich schimpfe, sage, dass sie nie nie nie Klopapier aufheben soll, usw. Alles ist mal wieder so vertrackt und kompliziert, der Laptop hat keinen Strom mehr, also Stromwandler an, einfache Tätigkeiten werden mit unseren begrenzten Ressourcen auf engem Raum zu einer halben Staatsaffäre.

Guadalhorce, hier gibt es Paletten wie Kiesel am Strand. Es juckt uns in den Fingern, aber wir sind in anderer Mission unterwegs.

Wir kehren zurück zu dem Solarding bei dem wir zuerst waren, wo keiner im Büro war und das eher wie eine Werkhalle aussah als wie eine Verkaufsstelle. Ich nehme Peppi mit, wir schauen uns das Bild mit den großen Sonnenblumen an, während wir darauf warten, dass der richtige Mensch kommt. Hoffentlich kommt er bald, denn ich finde es komisch, der Frau am Schreibtisch, die uns empfangen hat, beim arbeiten oder was auch immer zu zu gucken, und Peppi will runter und alles anfassen.

Im Triumph schleppe ich unsere Panele zum Düdo. Die Hauptsache ist geschafft. Jetzt nur noch das Befestigungs-Zubehör. Aber die Schnellstraße zum Bauhaus, direkt neben unserem Carrefour-Parkplatz, aber nur über die Schnellstraße zu erreichen, ist gesperrt, Polizei, ein gelbes Auto liegt wie ein Käfer auf dem Rücken. Daneben sitzen zwei Männer, bestimmt die unter Schock stehenden Insassen. Ich schnalle Toni ab, damit sie besser gucken kann, und sage ab jetzt immer, wenn sie sich nicht anschnallen will: Erinnerst du dich an das gelbe Auto? Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn du nicht angeschnallt bist?

Wir vertagen den Zubehör-Kauf, und damit auch die Rückfahrt nach Torrox. Volker schreibt Margit und Werner eine SMS, dass wir heute nicht mehr kommen. Also eine weitere Nacht auf dem Carrefour-Parkplatz. Die französische Familie ist auch noch da, große Wiedersehensfreude bei den Kindern. Toni tobt mit Mathilde und Louise auf unserem Bett. Plötzlich steht John, der Jongleur, vor dem Düdo. Morgen wird er ein Kreuzfahrtschiff besteigen. Er hat den Düdo von seinem Hotelfenster aus gesehen und ist gleich hergekommen um uns von Nahem anzuschauen. Zwei Träume, sagt John, hat er im Leben: Auf Kreuzfahrtschiffen jonglieren und mit einem Bus um die Welt fahren. Er kommt aus den USA, will jetzt irgendwo Asyl beantragen, wegen Trump. Er gibt uns eine Privatvorführung. Elodie versorgt mich mit süßem Weißwein und selbstgedrehten Kippen. Die erste Party unserer Reise.

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