Marrakesch, Camping Ourika Camp – Marrakesch Flughafen

Ich klettere aufs Dach, Volker reicht mir die Presse mit der Dichtungsmassenkartusche. Das Zeug ist hellgrau und lässt sich sehr smooth verstreichen. Leider haben wir keine Kartoffel, Volker gibt mir eine Möhre als Spachtel, das geht auch. Ich schmiere die graue Masse großzügig über das gesamte poröse Fenstergummi. Zum Glück dringt das Wasser offensichtlich zwischen Scheibe und Rahmen ein und nicht zwischen Rahmen und Dach. Die Sonne scheint, aber laut Wetterbericht soll es mittags regnen. Hoffentlich trocknet die Dichtmasse vorher.

Ich kratze mit dem Schraubenzieher noch alle Rostbläschen an der Heck-Treppe auf, schmirgle die Stellen glatt. Da soll Rostumwandler drauf, danach die rote Farbe drüber, die wir noch aus Zagora haben. Es ist noch nichts gepackt. Uns fehlt beiden oft der Sinn für Prioritäten.

Volker besteht darauf, dass wir schon mittags zum Flughafen aufbrechen. Wir wissen nicht, wie einfach oder kompliziert das Prozedere mit dem Auto wird und wollen deshalb schon am Tag vor dem Abflug da sein.

Marrakesch scheint eine reiche Stadt zu sein, lauter SUVs auf den Straßen. Wir müssen noch Lebensmittel einkaufen, haben nichts mehr und müssen ja noch eineinhalb Tage überstehen, bis wir in Frankfurt ankommen. Auf der Ausfallstraße kaufe ich Eier, Mandarinen und Joghurt, nirgends Brathähnchen. Dafür plötzlich ein Carrefour, ich schleppe mich erschöpft hin, jetzt regnet es.

Der Carrefour geht über zwei Stockwerke, ein Laufband führt nach unten in die Lebensmittelabteilung. Die Räder der Einkaufswägen sind so konstruiert, dass sie sich in den Rillen verkeilen. Plötzlich lautes Schreien auf arabisch, ein Rollstuhl mit einer dicken Oma brettert das Laufband hinab, die Frau, die ihn schiebt, kann ihn nicht halten. Menschen stürzen dazu, bremsen den Rollstuhl unten ab, alles geht gut, Gelächter, die Oma nimmt die Sache erstaunlich gelassen.

Viele Weiße und Asiaten. Es ist eine kuriose Parallelwelt nach den Wochen in der Wüste und den letzten drei Tagen im Atlas. Ich möchte mich beeilen, kann mich aber schwer entscheiden. Bin Supermärkte nicht mehr gewöhnt. Andererseits habe ich in Supermärkten schon immer Schwierigkeiten gehabt, mich zu entscheiden, und brauche ewig. Einkaufen auf dem Souk dauert auch ewig, ist aber wenigstens eine lebendige Tätigkeit.  

Wir dachten, wir würden mit den Kindern den Nachmittag auf dem Flughafen verbummeln, Flugzeuge angucken und so. Denken wohl an die Besucherterasse in Frankfurt. Aber so ein Flughafen ist das hier nicht. Man kommt ohne Pass gar nicht rein. Ich versuche, dem Sicherheitsbeamten an der Kontrolle zu erklären, was wir wollen: Dass wir morgen nach Frankfurt fliegen, und nach zwei Wochen zurückkommen. Dass wir so lange unser Auto auf dem Flughafenparkplatz lassen wollen; dass wir dafür doch Papiere und Schlüssel beim Zoll abgeben müssten, und dass wir gerne heute schon wüssten, wie das Prozedere genau sei. Wie sei denn das Prozedere genau? Der Mann guckt mich an wie eine Irre und sagt: „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.“

Der Flughafen ist schon nicht mehr Marokko. Die Leute sind nicht hilfreich und herzlich, sondern abweisend und arrogant, bestenfalls geschäftsmäßig. Eben wie Flughafenmitarbeiter weltweit (natürlich gibt es Ausnahmen etc.).

Als ich endlich unsere Informationen mir habe offiziell bestätigen lassen (alles so wie in den einschlägigen Blogs gelesen: Fahrzeugpapiere, Parkticket und Autoschlüssel beim Zoll abgeben, dann darf man das Land ohne Auto verlassen) kommt, pünktlich zum Untergang, die Sonne noch einmal unter den Regenwolken hervor.

Ich will nach all dem Stress eine Zigarette und laufe los, um welche zu kaufen. Der Flughafen liegt nicht im Niemandsland, sondern fußläufig kommt ein normales Viertel mit Läden, Verkaufsständen und Kiosken. Unserem Reisegesetz folgend, dass es alles im Überfluss gibt, außer man sucht danach, führt keiner der Läden, Verkaufsstände oder Kioske Zigaretten. Ich bin etwas befangen, kann Marrakesch noch nicht einschätzen. Nach einer halben Stunde kehre ich unverrichteter Dinge zurück zum Düdo.

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