Massat – Les Figuets

Volkers Geburtstag löst dieses Jahr bei Toni keinen Wutanfall aus, wahrscheinlich, weil er keine Geschenke kriegt, der Arme. Der Nebel wabert dekorativ über die Wiese hinterm Düdo. Dann bricht die Sonne durch, wärmt sofort.

Eine Reiterin galoppiert über den Fußballplatz. Ein angepflockter Esel reißt sich los und rennt hinterher. Toni sagt, dass sie auch gerne auf dem Pferd reiten würde. Ob sie wohl dürfe. Ich sage, dass die Frau erstens bestimmt selber reiten wolle und zweitens gerade andere Probleme habe, nämlich mit dem Esel. Die Frau steigt ab und bindet den Esel notdürftig irgendwie wieder an. Dann kommt sie auf uns zu und spricht Toni an, die das Pferd sehnsüchtig anstarrt. Wir plaudern ein paar Worte, dann fragt sie, ob Toni aufsteigen wolle. Die Frau führt sie etwas herum. Peppi findet, dass das Pferd sehr groß ist.

Später kommt ein Hippie an den Düdo und fragt, ob wir den Esel angebunden hätten. Vielen Dank dafür. Ich sage, dass der Dank nicht uns gebühre, sondern der Reiterin. Der Hippie erklärt, dass der Esel sich oft losreiße, und viele Leute ihn nicht wieder anbinden würden, weil, der Hippie legt zwei Finger an die Hutkrempe: „Les gens ne réfléchissent pas.“

Volker kommt vom Markt, aufgeregt vom Wiedersehen mit Barbara, der alten Indianerin mit den acht Küchenfußbodengeburten von vor einem Jahr. Und erfüllt von der, wir er sagt, schönen Stimmung. Er hat einen hübschen hölzernen Mörser gesehen, ihn aber nicht gekauft. Ich soll ihn mir anschauen.

Ein paar junge Landstreicher sitzen auf dem Bordstein, vor sich ausgebreitet einige Schnitzereien. Löffel, Figuren, der Mörser. Ich hocke mich hin, nehme den Mörser in die Hand, bin plötzlich inmitten der Duftwolke der jungen Männer; atme Schweiß, Tabakrauch und kalte Asche, ich kenne diese Mischung, sie trifft mich mitten ins Herz. Ich sitze wieder auf dem Beifahrersitz von Guillaumes 2CV, der Fußraum ist bedeckt von französischen Zeitungen, Zigarettenfiltern und leeren Keksverpackungen, bin jung und voller Fluchtgedanken, schaffe es aber nie weiter als bis zu meiner großen Schwester, mache den Sehnsuchtsgestank nie zu meinem eigenen. Die alte Narbe juckt. Ich frage den Schnitzer nach dem Preis, er ist wirklich blutjung, hat lauter braune Zahnstummel im Mund. Er antwortet, dass er eigentlich nicht vorgehabt habe, den Mörser zu verkaufen, aber wenn ich ihn wolle – acht Euro. Freue mich, doch noch ein Geschenk für Volker zu haben.

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