Moulay Bousselham – Rabat

Ich wache frühmorgens auf, mein Herz ist schwer. Das Blog-Vorhaben erscheint ferner denn je. Ich hinke der Gegenwart sechs Wochen hinterher, und während ich aufhole, schreitet die Reise unaufhörlich voran. Der Materialberg wird größer, ihn zu bearbeiten immer mehr das: Arbeit. Es ist ja nicht nur die Textauswahl, auch die Fotos müssen rausgesucht werden, für mehrere Monate. Was leicht und begleitend sein sollte, wird ein bedrohlicher Berg Arbeit. Ich muss lernen mit der Lücke zu leben.

Rabat, die Hauptstadt. Wir suchen nach etwas zu essen, aber es ist nicht so einfach. Ein Mann frittiert frische Kartoffelchips, lässt uns probieren, lecker, verlangt dann 20 Dirham für ein winziges Tütchen, das sind 2 Euro. Wir zahlen aus irgendeinem Grund, statt weiter zu gehen, obwohl wir es zu teuer finden. Volker ist sauer, ausnahmsweise finde ich es weniger schlimm. Mich entspannt es, wenn sich jemand anders ärgert, dann muss ich es nicht tun. Der nächste Kauf ist schon besser: 5 Dirham für ein kleines Tütchen Kichererbsen. Aber satt sind wir natürlich noch lange nicht. Am Strand sind lauter Kinder in Neoprenanzügen und mit Surfbrettern im Wasser. Ich sage: „Die fischen!“ Volker sagt: „Quatsch, das ist eine Surfschule.“ Ich, mich daran erinnernd, was ich im Reiseführer gelesen habe, nämlich, dass die armen Leute hier auf aufgeblasenen Autoreifen paddelnd fischen: „Wetten, die fischen!“ Volker sagt, die Wette gilt. Natürlich hat er Recht.

Peppi trippelt in ihrem schweinchenrosa Regencape hinter uns her, die Marokkaner kippen fast um vor Begeisterung. Leider schaffen wir es unsererseits nicht zu fotografieren, wie sie unserer hinreißenden Tochter einen Schmatz auf die Backe drücken und dabei ein Selfie schießen. Wir haben das Handy nie griffbereit, und die Marokkaner sind hurtig bei der Sache. Peppi findet es lustig, Toni auch.

Wir suchen immer noch einen Imbiss, dringen in die Altstadt vor, ohne uns dessen allzu bewusst zu sein. Es dämmert. Plötzlich sind wir auf dem Markt. Alles wogt. Toni muss pullern. Wir lassen uns in ein enges Restaurant winken, die Preise sind angeschrieben, aber es gibt hier kein Klo. Der Kellner führt mich und Toni rasend schnell durch die Gassen um ein paar Ecken zu einem öffentlichen WC. 2 Dirham. Das Geld ist bei Volker und Peppi im Restaurant. Ich halte Toni an den Händen, sie geht in die Hocke, wir sind ein eingespieltes Team. Beim Herausgehen bedeute ich dem alten Mann am Eingang pantomimisch, dass wir zum Bezahlen wiederkommen werden. Gottseidank finden wir zurück ins Restaurant.

Als wir fertig sind, sind die meisten Stände mit Obst und Gemüse schon weg. Eine Lektion der ersten Tage Marokko: Wenn du was siehst, was du brauchst, kaufe es sofort, du kannst nicht sicher sein, ob du es a) wiederfindest, oder es b) noch da ist. Immerhin kriege ich noch Mandarinen und Bananen, die beiden hiesigen Standardprodukte. Und Oliven. Gottseidank finden wir zurück zum WC, bezahlen. Viele Läden mit quasi identischem Angebot: Gewürze, Datteln, Kleidung aus Plüsch. Dazwischen Läden mit offenbar touristischer Zielgruppe: Bunte Lederschlappen, Sitzkissen, Schnitzereien. Aber wo sind die Touristen? Wir sehen erst ganz am Ende der Gasse einen Weißen, er ist deutsch, wir fragen ihn nach dem Weg zum Parkplatz am Fluss, wo der Düdo steht. „Vielleicht parken Sie ja auch da?“ Denn wir gehen mittlerweile selbstverständlich davon aus, dass alle Europäer Wohnmobil fahren. Nein, der Deutsche wohnt hier. Wir sind fast schon da.

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