Odeceixe – Santiago do Cacém

Sati schenkt Toni ein Bild von einem blonden Kind mit Zahnlücke, ich halte es erst fälschlicherweise für ein Selbstportrait, aber Sati klärt mich auf: Es handelt sich um Toni, die auf dem Bild auch schon eine Zahnlücke hat. Denn das dauere ja nicht mehr lange, sie müsse bloß noch fünf und dann sechs werden. Toni hüpft vor Vorfreude winselnd auf und ab.

Toni und Sati nehmen erklärtermaßen ein letztes gemeinsames Abschiedsbad im Fluss, dann zieht sich jede in ihren eigenen Bus zurück, wartet auf die Abfahrt. Toni kriegt Hunger, ich schmiere ihr ein Vollkornbrot mit Butter. Weil Peppi auch ein Stück abhaben will, will Toni ein neues Brot, auch das wird von beiden gierig verschlungen, ebenso ein drittes. Unkomplizierte Abspeisung der schon in den Kindersitzen sitzenden Kinder.

Und dann sind wir plötzlich wieder allein unterwegs. So schön es mit den Anderen war, mich erfüllt ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, als wären wir frisch aufgebrochen. Jetzt erobern wir wieder unbekanntes Terrain statt anderen in bereits erschlossene Paradiese zu folgen.

Wir durchkämmen Milfontes auf der Suche nach einem der tausend Brunnen, die dem Ort doch ihren Namen geben. Brauchen immer noch dringend Brauchwasser. Das Städtchen ist weiß und freundlich und fantastisch an der Flussmündung des Rio Mira gelegen. Und doch muss man sagen: Keiner der Orte, die wir bisher in Portugal durchquert haben, kommt an ein x-beliebiges französisches Kaff heran. Dörfer können Franzosen einfach am besten. Volker fragt in der Touristen-Information, an der wir zufällig vorbeirollen, ob es hier irgendwo eine Wasserstelle oder ein Badehäuschen gebe. Leider nein. Aber als wir den Schildern „Praias“ folgen, kommen wir an einem öffentlichen WC vorbei, vielleicht findet sich da ja ein Wasserhahn, unter den unsere Kanister passen.

Nicht nur das. Wir hören ausgelassene Stimmen unter plätscherndem Wasser. Es gibt sogar funktionierende Duschen! Zuerst aber zum Strand, wir entscheiden uns für die Flussseite, es geht flach und wellenlos rein. Ein Schwimmer mit Badekappe und Schwimmbrille zieht im hüfthohen Wasser Bahnen parallel zum Strand. Volker muss arbeiten, ich sitze im Sand und beobachte meine planschenden Kinder. Toni schwimmt mit Schwimmflügeln sofort ins Tiefe, Peppi will keine Schwimmflügel anziehen, stapft da, wo sie noch stehen kann. Ich sehe nicht, ob sie stolpert oder ob eine kleine Welle sie doch umgeworfen hat, jedenfalls liegt sie plötzlich im Wasser, mit angstgeweiteten Augen, das Köpfchen versinkt unter der Oberfläche. Ich sprinte ins Wasser, rette mein Salzwasser hustendes Beutelchen. Als sie wieder Luft bekommt, sagt sie: „Untergegluckert.“ Und etwas später, mit tapferer Stimme: „Doch Schwimmflügel anziehen.“

Zur Vorspeise Brokkoli, als Hauptgericht Kichererbsen. Eine pummelige Amerikanerin will mal in den Düdo reingucken, sagt, dass sie uns beneidet. Sie kommt aus New York, malocht dort im Financial District, und hat nur eine Woche Urlaub. Wir machen den Düdo bereit zur Nachtfahrt, Volker füllt unsere Kanister, bis alles fertig ist, ist es nach zehn.

Wir kommen auf der Landkarte gerade mal zwei Finger breit weit. Entscheiden uns gegen den Rat des Navis und für den direkten Weg, der leider aber in vielen Kurven bergauf und bergab führt. Fast Vollmond. Finden trotz Nacht einen guten Platz am Rande eines Feldwegs. Die Gegend ist ohnehin menschenleer. Korkeichenland.

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