Solférino – Solignac

Bei laufendem Motor, damit Peppi nicht aufwacht, tauschen Volker und ich die Plätze. Er hinter den Laptop, ich hinters Steuer. Die Frau vom Verlag will noch irgendwas, und zwar subito. Links und rechts der Autobahn immer noch Wald und riesige Stapel aus Baumstämmen. Ich steuere den Düdo durch dichten Verkehr an Bordeaux vorbei, der Fluss unter uns wälzt sich braun in Richtung Meer. Wir sind jetzt wieder auf der Schnellstraße unterwegs, reihen uns ein in die Karawane aus Brummis, die auch Maut sparen wollen.

Rast an einer Sackgasse im Gestrüpp neben der Schnellstraße. Ein zugewucherter Pfad führt in den Wald, überall Klopapier. Ich rolle trotzdem den Teppich aus, Picknick mit den Kindern, während Volker im Düdo fertig arbeitet. Es ist wahnsinnig schwül. Der Ort und das Wetter machen, dass ich mich so dreckig wie noch nie fühle.

Dramatische Gewitterblitze, Regen, Volker schafft es, die wachen Kinder bei Laune zu halten,  und uns gleichzeitig einen Badesee zu recherchieren, der zur heutigen Nachmittagsbewältigung unabdingbar ist. Diese See-Recherchen während der Fahrt sind ein Glücksspiel. Auf die Satelliten-Ansicht von Google Maps allein ist kein Verlass, denn aus Satelliten-Perspektive sehen sich Ententümpel, Anglerteiche und Badeseen zum Verwechseln ähnlich. Erforderlich ist also eine flankierende konventionelle Internet-Recherche, mühselig und zeitraubend.

Auf der Wiese neben dem Düdo findet Toni zwei Fünf-Euro-Scheine. Sie kleben nass und zusammengefaltet an einer Eisverpackung. Da hat wohl jemand das Papier in die Landschaft geschmissen und dabei sein Geld gleich mit. Wir hängen die Scheine zum Trocknen auf, alle völlig aus dem Häuschen vor Begeisterung über so viel Finderglück.

Angoulême. Der See liegt direkt an der Schnellstraße, inmitten einer Parkanlage. Nie hat der Begriff Naherholungsanlage besser gepasst. Die Kinder waten durch die Pfützen, die badewannenwarm sind. Der Regen hat keine Abkühlung gebracht, es ist immer noch wahnsinnig schwül. Tapfere Joggerinnen in bunter Synthetik arbeiten sich den Uferweg entlang. Ein riesiger, menschenleerer Spielplatz. Die Badestelle hat richtig Infrastruktur, kalte Duschen, Holzhäuschen zum Umziehen. Ein sehniger Typ übt Handstand. Das Wasser ist fast so warm wie die Pfützen. Habe nicht das Gefühl, richtig sauber zu werden.

Volker steht lange im See, planscht geduldig mit den Kindern, irgendwann spürt er ein Jucken an den Füßen. Als er einen Fuß zur Begutachtung aus dem Wasser hebt, sieht er, wie sich lauter kleine Blutegelchen darauf ringeln. Er stürzt mit den Kindern ans Ufer und zu den Duschen. Zum Glück sind die Dinger so klein, dass er sie einfach abstreifen kann. Peppi hat keine. Toni auch nicht. Dafür entdecken wir aber zwei Zecken. Wahrscheinlich nicht vom Siff-See, sondern vom unappetitlichen Picknickplatz am Nachmittag.

Das Frankreich im Juni 2017 hat nichts zu tun mit dem vom September 2016. Wie betäubt von der Schönheit des Landes wir damals von einer France-Passion-Station zur nächsten schlingerten. Diesmal, Marokko, Portugal und Spanien im Rücken, kommt uns alles durchreglementiert und überfüllt vor.

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