Torrox Costa – Málaga

Das ungesunde, metallische Geräusch war eine riesige Feder am Kupplungspedal, die abgebrochen ist. Am Morgen schreibe ich Janek eine SMS, können wir überhaupt weiter? Er ruft sofort zurück: Er kenne massig Leute, die seit Jahren ohne diese Feder führen und noch nicht mal wüssten, dass es da jemals eine Feder gegeben habe. Und wenn wir wollten, könnten wir die Feder ja wieder anbringen. Wir wollen.

Am Strand sind Kiesel, herrliche Steine, große, kleine, weiß, grau, rosa, Toni sammelt, Peppi sammelt, und ich sammle auch. Die Sonne scheint, das Leben ist hier so viel leichter als auf dem Berg. Schon gestern, bei Ankunft, hat Volker mit den Österreichern im Düdo-Wohnmobil gesprochen, die kommen gerade aus Marokko.

Die Frau schenkt Toni und Peppi je eine Muschel. Margot und Werner, beide schätzungsweise Mitte fünfzig, so nette, herzliche Leute, bieten mir gleich an, auf ihrer Strandmatte zu sitzen, mit Peppi auf dem Schoß, ich genieße den Kontakt, nehme meine Urteile wahr, ohne dass sie besonders wichtig wären. Sie geben uns Marokko-Tipps, ich mache mir anfangs Notizen, wir wissen wirklich ja noch fast überhaupt nichts über das Land, in das wir da wollen. Dann unterhalten wir uns einfach, ich erzähle von uns, stille Peppi, die dabei einschläft. Margot und Werner sind hingerissen.

Jetzt müssten wir sofort los, um den Mittagsschlaf als Fahrtzeit zu nutzen. Aber es dauert, bis der Düdo abfahrbereit ist, wir überlegen es uns anders und wecken Peppi nach einer Dreiviertelstunde auf. Ich klettere auf Werners Dach, um mir anzusehen, wie sie ihr Solarpanel angebracht haben. Mit Winkelprofilen, mit Schrauben, sieht sehr machbar aus. Werner sucht eine Schraube mit passender Mutter, und bringt unsere Kupplungspedal-Feder wieder an. Sie laden uns ein, mit ihnen zu essen, am gedeckten Camping-Tisch am Strand, es gibt angebratenen Reis mit Speck und Gemüse, die Kinder fallen gierig darüber her. Margot freut sich, ich mich auch. Wir steuern wenigstens den Nachtisch bei, Paco-Käse mit Honig. Werner bietet an, mit uns die Solarplatte zu montieren. Wir wollen morgen in Málaga alles kaufen und dann wiederkommen. Wir Naivlinge.

Es sind 40 Kilometer nach Málaga, wir halten das mit wachen Kindern für machbar. Aber beide Kinder brüllen gar fürchterlich. Toni tobt und trampelt mit den Füßen auf dem Tisch. Volker fährt auf eine Tankstelle und brüllt Toni an: „Ich schmeiß Dich raus wenn Du nicht still bist.“ Ich kriege einen Schreck und habe Angst, dass Toni es glauben könnte. Muss an meinen Vater denken. Ich verspreche Toni, sie auf den Schoß zu nehmen, sobald Peppi schläft, und dafür müsse sie still sein, damit Peppi einschläft. Toni bemüht sich.

Wir fahren am Generalkonsulat vorbei. Hier muss Volker morgen früh rein, um einen vorläufigen Reisepass zu beantragen. Sonst kommen wir nicht nach Marokko. Parken aussichtslos. Halten in einem Wohngebiet aus hohen Wohnblocks, zufällig sind vor einem Spielplatz drei Parkplätze nebeneinander frei. Können nicht einschätzen, ob das hier die Bronx von Málaga oder eine harmlose Wohngegend ist. Beide Kinder sind total geflasht von plötzlich so viel zu gucken. Andere Kinder, wow! Toni klettert auf eine niedrige Scheibe mit Sitzkuhlen für mehrere Kinder. Das Ding dreht sich mehr oder weniger von alleine. Drei ältere Mädchen, zwei davon offensichtlich Schwestern, beide moppelig, beide dicke Brillengläser, stehen daneben und warten, dass sie absteigt. Offenbar wollen sie sich nicht dazu setzen. Aber Toni steigt nicht ab. Sie dreht sich langsam und schaut die Mädels an. Alle drei sind nach Kindergeschmack schick angezogen, Toni ist bestimmt beeindruckt. Peppi tanzt auf dem Plateau eines Klettergerüstes, will nicht runter kommen.

Wir steuern den einzigen legalen Stellplatz in Málaga an, den unsere App kennt. Den Carrefour-Parkplatz. Es ist schon dunkel. Der befragte Hamburger in seinem alten Hymer-Wohnmobil sagt, dies hier sei nur so lange ein Stellplatz bis die Polizei komme.

Als ich vom Einkaufen zurückkomme, nur das Nötigste fürs Abendessen, die Gigantomanie des Ladens überfordert mich, gibt es freudige Neuigkeiten: Im Laster schräg hinter uns wohnen Kinder! Volker hat eine Frau mit zwei Mädchen herumlaufen sehen. Sie hätten nett ausgesehen, Schweizer. Toni freut sich auf morgen, denn da will sie gleich die Kinder besuchen gehen.

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